Marinas Geschichte

Ein kleines Wunder

“Am 24. Juli hatte ich die Gewissheit, dass es mit einem zweiten Wunder geklappt hatte, der Schwangerschaftstest war positiv. Ich war so unglaublich glücklich aber schon bald kam die Angst, dass dieses Kind noch früher kommt als das erste. Ich hatte mir fest vorgenommen, diese Schwangerschaft bewusster wahrzunehmen und ich wollte sie genießen, ich konnte mir nicht vorstellen das die Schwangerschaft noch schwieriger werden könnte als die erste. Ich wünschte mir so sehr wieder eine so schöne, schnelle, komplikationslose Geburt wie beim ersten mal mit all den überwältigenden Glücksgefühlen die dazu gehören.

Doch es kam ganz anders, bereits ab der 23. SSW hatte ich Wehen, die sich auf den Gebärmutterhals auswirkten. Es kamen nach und nach viele weitere Komplikationen hinzu. Ich hatte ständig Kopfschmerzen, heftige Oberbauchschmerzen, Schwindel und essen konnte ich außer Suppe auch nichts mehr. Beim ersten CTG zeigten sich dann auch noch auffällige Herztöne und eine verminderte Fruchtwassermenge, außerdem wurde die Gebärmutter nicht mehr richtig durchblutet. Ich musste nun 1x die Woche zu meiner Gynäkologin und ins KH zur Kontrolle, sie wollten das Baby noch so lange wie möglich im Bauch lassen aber es ging nur noch darum den richtigen Zeitpunkt dafür nicht zu übersehen. Ab der 31. SSW kamen dann noch Schmierblutungen dazu und ich hatte permanenten Flüssigkeitsverlust. Mir ging es immer schlechter und die Kindsbewegungen wurden immer weniger. Auch das Wachstum vom Baby kam ins stocken, ich hatte richtig Angst um mein Baby, was ist wenn die Ärzte den richtigen Zeitpunkt übersehen.

Am 13. Februar wachte ich dann nachts mit starken Schmerzen auf. Als ich dann das viele frische Blut sah bekam ich Panik. Wir fuhren sofort ins Krankenhaus, als wir dort ankamen hatte ich schon alle 2-3 Minuten sehr starke Wehen. Das CTG zeigte, dass es dem Baby zum Glück noch gut ging. Im Ultraschall war auch erst mal nichts auffälliges zu erkennen und der Muttermund noch verschlossen, der Zervix war auch noch 1,8cm lang. Ich hatte trotzdem Panik und das Gefühl ,dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung war. Mein Gefühl sagte mir, dass es für mein Baby jetzt besser war, wenn es geboren wird, auch wenn es noch viel zu früh dafür war. Die Assistenzärztin verständigte also den Oberarzt, während die Hebamme nochmal ein CTG schrieb um das Baby zu überwachen.

Die Wehen wurden immer heftiger, außerdem hatte ich permanente reißende Bauchschmerzen, ich sagte immer wieder ,dass es so anders ist wie beim ersten und etwas nicht stimmt. Ich war am Ende, mein Kreislauf lies mich auch im Stich, ich bekam noch Wehenhemmer die aber nichts brachten. Als ca. 20 Minuten später der Oberarzt hinzu kam blieb ihm aufgrund der starken Blutung, der unvollkommenen Steiß-Fuß-Lage und des komplett geöffneten Muttermundes nichts anderes mehr übrig als einen sofortigen Not-Kaiserschnitt zu machen. Ohne viele Vorbereitungen etc. kam 12 Minuten später, um 05:17 Uhr mein Kleiner bei 32+3 mit 1.980 g ohne Lungenreife auf die Welt. Ich wachte 2 Stunden später völlig verwirrt ohne Bauch und ohne Baby auf der Intensivstation auf. Als mir mein Mann das erste Bild von meinem Baby zeigte war es total unwirklich, ich sollte doch noch Schwanger sein. Der Kleine hatte eine Atemhilfe und war auch sonst mit allen möglichen Kabeln und Infusionen versorgt. Die höllischen schmerzen an meinem Bauch sagten mir aber, dass es alles kein schlechter Traum gewesen war, sondern dass sie mein Baby wirklich raus geholt hatten. Ich wollte wissen was passiert war und wie groß und schwer mein Kleiner war aber es konnte mir keiner etwas genaues sagen. Erst der Oberarzt erzählte mir dann gegen Mittag ,dass ich eine vorzeitige Plazentalösung hatte, die im Ultraschall nicht zu sehen war und der kleine die Nabelschnur auch noch um den Hals hatte, er meinte das es ziemlich blöd hätte ausgehen können und er deswegen so schnell handeln musste, ich hatte wohl auch eine Menge Blut verloren. Einen Kaiserschnitt wollte ich nie haben, hatte mich aber wegen der geringen Fruchtwassermenge und der Beckenendlage schon fast damit abgefunden, aber dass ich dann die Geburt verpasse darauf war ich nicht eingestellt. Ich konnte mir wegen der Schmerzen zwar kaum bewegen aber ich wollte zu meinem Baby, also versuchte ich am Nachmittag das erste mal aufzustehen, aber mein Kreislauf lies es nicht zu. Am Abend versuchte ich es erneut, ich wollte mein Baby sehen ich konnte immer noch nicht glauben, dass ich nicht mehr Schwanger war. Dieses mal ging es besser, auch wenn mir ziemlich schwindelig wurde. Mein Baby brauchte schon keine Atemhilfe mehr aber trotzdem tat mir dieses kleine Wesen im Inkubator unendlich leid, dass es mein Baby war konnte ich aber nicht realisieren. Mir fehlten all die wunderbaren Gefühle die man mit einer Geburt verbindet, da waren nur Verwirrung und Angst. Am nächsten Tag durfte ich den kKeinen auch mal kurz halten und am zweiten Tag dann auch endlich länger kuscheln (wegen der großen Kreislaufprobleme und den sShmerzen schaffte ich es nicht eher, weswegen ich ein schlechtes Gewissen hatte).

Eigentlich wollte ich dieses mal nicht Stillen weil ich beim ersten mal schlechte Erfahrungen gemacht hatte, aber die Schwestern auf der Frühchen-Intensiv ließen nicht locker, also versuchten wir es und da hatte ich das erste mal Gefühle der Liebe und war so unendlich glücklich und stolz auf mein Baby, ich musste einfach nur noch weinen. Der Kleine trank super an der Brust doch die Milch wollte nicht richtig weswegen ich es erst mit Abpumpen versuchte aber es dann ganz bleiben ließ. Hauptsache der Kleine trank was und nahm zu. Der Oberarzt nahm sich viel Zeit für mich und führte viele Gespräche mit mir, er sagte mir alles damit ich keine Lücken hatte und es besser verarbeiten kann. Nach 4 Tagen ging ich dann nach Hause, ohne mein Baby, ich weinte nur und war einem Zusammenbruch sehr nahe. Das erste was ich machen wollte war ein Schmusetuch der wie ein kleiner grüner Drache aussah zu kaufen (ich hatte es mir schon lange angeschaut und nun war ich mir sicher es war perfekt für meinen kleinen Kämpfer). Ich hatte auch noch große Schmerzen aber ich wollte zu meinem Großen nach Hause, wie ich das gemacht habe weiß ich allerdings nicht.

Der Kleine machte sich super er lag nur 3 Tage im Inkubator, dann für weitere 12 im Wärmebettchen. Es war total schön in das Zimmer zu kommen und ihn da in einem knallgrünen total süßem Outfit zu sehen. Er hatte nie Probleme mit Bradykardien oder Atemaussetzern, die Ärzte und Schwestern waren total begeistert dass er es für die SSW und ohne Lungenreife so gut machte. Das einzige Problem was er hatte war die Trinkschwäche. Ich fuhr 2x am Tag für jeweils 1 ½ Stunden ins Krankenhaus, es brach mir jedes mal das Herz ihn alleine zurück zu lassen und es war immer noch alles surreal für mich, ich sollte doch noch Schwanger sein. Jedes mal wenn ich ins Krankenhaus kam und mir die Schwestern sagten, dass alles gut war und es keine Komplikationen gab fiel mir ein Stein vom Herzen und jedes mal hatte der Kleine ein neues süßes buntes Outfit an. Ich machte so viele Fotos wie möglich von allem. Es war eine harte Zeit und ich habe einfach nur funktioniert. Am Anfang hieß es immer das er nicht vor 36+0 entlassen wird, Voraussetzung natürlich das er alleine trinken konnte, die Wärme hielt und mit den übrigen Vitalfunktionen auch alles in Ordnung war. Der Kleine war ein total ruhiges ausgeglichenes Baby und das „Vorzeige“ Frühchen, so dass er eine Woche früher als geplant mit 2.470 g nach Hause durfte. Wir bekamen von den Schwestern ein super tolles Buch mit Fotos, Gedichten und allen wichtigen Daten zu der Zeit im Krankenhaus, außerdem noch selber gestrickte Socken und Mützen ich war so begeistert und zu Tränen gerührt. Aber wir konnten die Zeit immer noch nicht genießen, ich machte mir Sorgen weil er einen Leistenbruch hatte, der dann eine Woche später operiert wurde und nach 8 Wochen dann die zweite Seite. Erst ab jetzt konnte ich anfangen die Zeit mit dem Kleinen richtig zu genießen und ich fing an alles zu verarbeiten, was leichter gesagt ist.

Mein Kleiner ist ein absoluter Strahlemann und total entspannt, er entwickelt sich super. Klar ist er im Vergleich zu reif geborenen Babys etwas langsamer mit allem und kleiner und leichter aber das steht ihm alles zu. Er ist ein gesundes glückliches Baby was Spaß daran hat die Welt zu erkunden. Ich liebe den Kleinen genau so wie den Großen, auch wenn die Gefühle nach der Geburt andere waren und es etwas länger gedauert hat.

Die Kleinen sind stärker als man denkt und das wichtigste ist, dass man an sie glaubt!!!”

Liebe Marina,

wir danken dir für deine Zeilen und sind sehr froh, du Du mit den 2 Kindern so glücklich bist und ihr alles gut überstanden habt. Du hast deine Geschichte ganz wundervoll geschrieben. Sie wird sicherlich anderen Frühcheneltern Mut machen, diese schwere Zeit zu überstehen. Alles Liebe und Gute Euch weiterhin.

Bist Du auch Sternenkindmama oder hast Du ein Frühchen bekommen. Kennst Du diese Ängste und Sorgen, den Trauer und Schmerz? Wir freuen uns, wenn Du uns deine persönliche Geschichte erzählst, denn Du gibst damit dem Thema eine Stimme. Deine Stimme. Wir freuen uns auch, über ein Foto dazu (z.B. ein Ultraschallbild) aber das ist keine Voraussetzung, auf Wunsch veröffentlichen wir deinen Bericht auch anonym. Wir wissen, wie schwer es ist darüber zu reden, aber vielleicht kannst Du uns deine Geschichte schreiben. Eine Geschichte, die vielleicht anderen Sternenkindmamas Trost spendet, oder die zeigt, wie Du den schweren Verlust verarbeiten konntest. Eine Geschichte, die anderen Frühchenmamas Mut macht.

Sende uns deine Geschichte an naehenfuerfruehchen@gmx.de mit dem Betreff “Herzenssache – Meine Geschichte”